Deutsches Creepypasta Wiki
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Es kam sehr überraschend, die Nachricht das Kathy wieder zu uns ins Dorf ziehen würde. Zuerst konnte ich es kaum glauben, da Kathy mit ihrer Familie vor 12 Jahren von heute auf morgen weggezogen war und niemand im Dorf wusste, wo sie verblieben waren. Obwohl meine Eltern mir einredeten, dass sich Kathy und ihre Familie  wahrscheinlich kaum mehr an mich erinnern konnten, wollte ich sie dennoch besuchen. Vor allem da ich in der Grundschulzeit zu Kathy ein kurioses Verhältnis aufgebaut hatte, das ich jedoch nicht wirklich beschreiben konnte. An einem Tag war sie meine beste Freundin, die mit mir Verstecken oder Puppen spielte, doch am nächsten Tag, tat sie so, als würde sie mich nicht kennen.


Leider kann ich mich nur noch wenig an sie erinnern, doch ich spüre bis noch heute das seltsame Gefühl, welches sie in mir auslöste. Ich habe oft versucht dieses Gefühl zu beschreiben, konnte es aber nie wirklich deuten. Es war eine Mischung aus flauen Magen und Übelkeit, dennoch verströmte sie eine Art besondere Anziehungskraft auf mich. Dieses Gefühl hat sich genauso eingeprägt wie der Tag, bevor sie und ihre Familie verschwanden, denn an diesem Tag schenkte Kathy mir einen Schuh. Einen rot lackierten Stöckelschuh, den sie wahrscheinlich ihrer Mutter stibitzt hatte. Sie sagte, ich solle ihr versprechen oder besser gesagt schwören, dass ich den Schuh niemals verlieren oder weggeben werde, bis wir uns wieder sehen. Ich verstehe bis heute nicht, warum dieser Lackschuh für sie so eine wichtige Bedeutung hatte.  


Darum war es für mich umso wichtiger sie zu finden. Vielleicht klingt es albern, aber mir gehen seit ihrem Verschwinden dutzende Fragen im Kopf herum, die ich endlich geklärt haben will. Vor allem will ich ihr den Schuh zurückbringen.


Also frage ich meine Mum, ob sie vielleicht wissen könnte, wo Kathy und ihre Familie sich jetzt befinden. Sie meint, ich solle es mal bei ihrem alten Haus probieren, denn höchstwahrscheinlich sind sie wieder dorthin eingezogen. Doch irgendwie kam mir das seltsam vor. Warum sollte Kathy ihr altes, mit den Jahren heruntergekommenes Haus neu beziehen, aber ich beschloss trotz der Zweifel vorbeizuschauen. Ein Versuch kann ja nicht schaden und wenn ich sie nicht antreffen würde, könnte ich mich ja im Dorf nach ihrem Verbleib erkundigen.


Am frühen Abend kam ich an Kathys altem Haus an. Ich lehne mein altes Fahrrad an einen Baum. Die Lage des Hauses hat mich schon immer irritiert. Es liegt mitten im Wald, wo man mit einem Auto nie hinkommen könnte, weil die Bäume so dicht aneinanderstehen. Wenn man den Wald betritt, kann man glatt die Zeit vergessen, weil alles ziemlich dunkel und bewachsen ist und sehr wenig Sonnenlicht in das Waldgebiet fällt.


Das Haus selbst ist sehr stark heruntergekommen. Es ist eine Ewigkeit her, das ich das letzte mal hier war, aber so schlimm hatte ich es nicht in Erinnerung. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, das Kathys Familie hier wieder einziehen will, aber ich will mich trotzdem vergewissern, das wirklich niemand da ist. Zur Sicherheit nehme ich den Schuh mit, falls sich Kathy wirklich dort befindet.


Mit langsamen Schritten gehe ich die verwucherte Treppe hoch zur Haustür. Das Geländer ist stark mit Efeu bewachsen, doch hin und wieder kann man die weißen Betonstempen der Treppe hindurchblitzen sehen. Die Treppe selbst besteht aus Mamorplatten, die jedoch ebenfalls ziemlich verwachsen sind.


Ich stehe vor der Haustür, da bemerke ich, dass sie angelehnt ist und ein seltsamer Geruch von drinnen kommt. Meine Instinkte schreien mir zu, dass ich nach Hause fahren soll und nie wieder hierher kommen sollte, aber irgendetwas dort drinnen zieht mich an. Ich hab wieder das gleiche, merkwürdige Gefühl, welches mich an Kathy erinnert, nur so stark und intensiv, dass ich mich fast übergeben muss.


Ich ignoriere das schlechte Gefühl und trete in das Haus ein. Der Geruch erschlägt mich fast, es stinkt verwest. Ich renne zum Ursprung, die Küche und das was ich sehe, werde ich nie mehr vergessen können. Kathy liegt auf dem Boden und neben ihr, ihre Eltern. Leblos, verwest und auf der Wand steht nur das Wort Rache. Würgend halte ich mir die Hand vors Gesicht. Meine Augen beginnen zu brennen.


Als ich versuche nach Kathy zu rufen, bringe ich nichts heraus, außer einem starken Hustenanfall. Ich will einfach nur hier weg und renne den Flur entlang in Richtung Eingangstür.  


Den Türknauf bereits in der Hand haltend, höre ich, wie jemand aus der Ferne meinen Namen ruft. Das Haus macht mich noch wahnsinnig, schreie ich in Gedanken. Ich sollte die Polizei rufen, doch als ich nochmals meinen Namen höre, gehe ich zur Tür, von wo ich die Stimme hörte. Diese Tür führt zu Kathys Zimmer.


Ich traue meinen Augen nicht, denn als ich die Tür öffne, erblicke ich einen jungen Mann mit wasserstoffblonden Haaren, blauen Augen und einer langen Narbe, die sein Gesicht entstellt. Er sitzt seelenruhig auf Kathys Bett und hört mit seinen Kopfhörern so laut Musik, sodass ich sie sogar bis hierhin höre. Ich versuche ihn auf mich aufmerksam zu machen, doch er ignoriert mich einfach. Wütend trete ich näher an ihn heran, wobei ich einen Zeitungsartikel auf dem Bett erblicke.


Ich nehme den Artikel in die Hand und sehe, das es sich um die Familie Royal handelt, also Kathys Familie. Ich kenne diesen Zeitungsartikel nicht und mir wurde nie etwas über einen Unfall zuteil, der sich in Kathys Familie ereignete. Ich lese ihn mir schnell durch, wobei ich den Typen nicht aus den Augen lasse. In dem Artikel handelt es sich um einen Jungen, der Sohn von Constantin und Jessica Royal, soll bei einer Nachtwanderung verloren gegangen sein. An dem Ort wo er verschwunden ist, war nur eine Blutlache und darin ein blutroter Lackschuh zu finden. Dieser Artikel wurde etwa ein Jahr, bevor Kathy und ich geboren wurden, veröffentlicht.


Verwirrt sehe ich auf den Jungen, der mich mit intensiv, mit fixiertem Blick mustert, so als könne er in mich hineinblicken. Ich frage ihn, was es mit dem Zeitungsartikel auf sich hat, doch er antwortet nicht. Ich will wieder nach draußen gehen und einfach nach Hause, da mir das Ganze zu abartig wird, doch ich bekomme schlagartig das Gefühl mich übergeben zu müssen, was ich unfreiwillig tue. Mein Kopf fühlt sich an als würde er explodieren.Ich versuche mich aufzurichten und halte mich am Türknauf fest, der jedoch unter meinen Gewicht abbricht. Ich bemerke nur noch einen dumpfen Aufschlag und das ich zusammensacke.


Langsam öffne ich die Augen. Mein Kopf tut höllisch weh. Ich frage mich was passiert ist. Bin ich immernoch in Kathys Zimmer? Ich schlage die Augen vollkommen auf und das was ich sehe, lässt mich nur noch wie am Spieß schreien. Der Typ, der bis eben noch auf dem Bett saß, hat sich über mich gebeugt und richtet den Absatz des verdammten Schuhs auf meinen Kopf. Sein Grinsen lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich versuche mich loszureißen, aber ich kann mich nicht bewegen!


Ich frage mich in Gedanken, warum passiert das alles?! Ich spüre nur noch diesen Schmerz, diesen intensiven, qualvollen Schmerz, dieser Druck auf meinen Kopf... und dann Leere...Ich falle...


Nachtrag: Vorfall am 13.02.2017       Von Zeugenaussagen veranlasst, untersuchte die Polizei den Fall und fand daraufhin vier, zur Unkenntlichkeit verunstaltete Leichen in dem besagten Haus.

Es konnten jedoch keine Beweismittel, die auf den Mörder hinweisen könnten, gefunden werden. Stattdessen fand man einen alten Zeitungsartikel, aus dem Jahre 1996, der von dem Verschwinden des fünfjährigen Sohnes Mika Royal berichtet.

Die Ermittlungen wurden wieder aufgenommen und es fanden sich Beweise dafür, das die Eltern am Verschwinden ihres Sohnes beteiligt waren.

Nach gründlicher Durchsuchung des Hauses fanden die Ermittler das Tagebuch der Mutter, die einen Eintrag zur Zeit des Verschwindens ihres Sohnes verfasst hatte, in dem sie gestand,den Jungen wegen eines geringen Vergehens zu hart bestraft zu haben und um den Vorfall zu vertuschen, ihn tief im Wald vergrub und dabei ihren weißen Lackschuh verlor, welcher vom Blut des Sohns getränkt war und am von der Mutter geschilderten Tatort gefunden wurde. 

Da keine weiteren Beweismittel gefunden werden konnten, wurde der Fall zu den Akten gelegt.

                                                                                                                   Polizeiinspektor James Scott

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