Deutsches Creepypasta Wiki
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Angenehm kühle Nacht lag über der ruhenden Stadt. Vereinzelt schimmerten Lichter aus den entfernten Fenstern der Häuser, wie ein schwarzes Ebenbild des Firmaments. Der Duft von alten Bäumen und vertrockneter Erde stieg wie Rauch vom Boden auf und hüllte die Nacht in das edle Gewand nordischer Erscheinung, in die kalte Umarmung des skandinavischen Sommers.

Feist grinsend und augenscheinlich allem übergeordnet stand Erik am Waldrand und blickte bedächtig auf die Stadt unter ihm herab. Sein langes blondes Haar wehte sanft im Wind und schien im halbdunklen Mondlicht wie ein langer Umhang, der sich in vollkommener Windesharmonie stetig den hohen Tannen zuwandte. In hellem Silber schillerten seine mit Nieten geschmückten Armbänder und schweren Mjölnirketten und golden der Patronengurt aus zerkratztem Messing. Bestialisch bleckte er die perlweißen Zähne und richtete seinen Blick auf das hölzerne Gebäude vor ihm, zu dessen Ehren er heute hierhergekommen war.

In der nächtlichen Dunkelheit erkannte er nichts außer den groben Umrissen eines breiten, gebogenen Gebäudes und eines daraus emporragenden Turmes, doch mehr benötigte er auch nicht. Denn Kirchen erkannte er auch in totaler Finsternis, ohne auch nur einen Funken des Lichtes wahrzunehmen. Dem schweren Gestank von christlichen Reliquien konnte er nur schwer ausweichen, und die Stimmen seiner Vorväter, auf deren Gebeinen die hölzernen Hundetempel erbaut worden waren, hörte er mehr als jeder andere klagen und nach Hilfe schreien. Durch seine Adern floss tiefkaltes heidnisches Blut, und das würde er heute Nacht beweisen.

Langsam und erfüllt von immenser Todeseuphorie stapfte er von der Anhöhe herunter und ging langsam auf sein Auto zu, das er etwas abseits der Kirche zwischen Bäumen und Sträuchern versteckt hatte. Der Schlamm unter seinen Stiefeln klang in seinen Ohren nach zerplatzenden Gedärmen, und sein beschattetes Herz erwärmte sich langsam, wie ein Stück Eisen im Schmiedefeuer. Finster schimmerte der eisige Vollmond vom Himmel herab und lächelte ihn mit morbider Freude an. Grinsend erwiderte Erik den schauerlichen Gruß. Hell brannten seine eisblau frostzerfressenen Augen, wie zwei Tore nach Jötunheim, und strahlten unbändiges Verlangen aus.

Mit einer schnellen Handbewegung öffnete er den Kofferraum seines schwarzen Pick-ups und wuchtete seine Ladung heraus. Es waren hauptsächlich Benzinkanister, und zwischen den Spalten noch einige kleinere Zündmaterialien, die er sich schnell in die Taschen seiner Lederjacke stopfte. Er hatte zwar vergessen, wie viel Benzin er insgesamt gekauft hatte, aber es war ihm ohnehin vollkommen egal. Schließlich lief die Rechnung über den verarmenden Prinzen des Todes, und an dessen Schicksal hegte er ohnehin nicht sonderlich viel Interesse. Ihn würde er sowieso niemals wiedersehen, also fort mit ihm, fort aus den Gedanken damit!

Wie Soldaten musterte Erik die sorgsam nebeneinander aufgestellten Kanister und inspizierte sie auf ihre Vollkommenheit. An seinem großen Tag sollte alles perfekt sein, schon ein kleiner Kratzer am Wagen hätte ihn in eine unbändige Rage verfallen lassen. Jedwedes Utensil seiner eigenen Heiligsprechung sollte nahtlos dem Gesamtbild seines Vorhabens angepasst sein, ansonsten hätte diese gesamte Unternehmung keinen Sinn gehabt.

Schief lächelnd betrachtete er das hoch gebaute Gotteshaus und ballte seine Hand zu einer verkrampften Faust zusammen. All dieser Schmutz und Dreck würde zu Asche zerfallen, und die wahre Größe dieses Ortes wie ein Leuchtfeuer aus den glühenden Ruinen heraus strahlen. Und er selbst, Erik Øyvind Stedjeberg, der sich selbst Ilduværet, den Feuersturm, nannte, würde diesem unheiligen Feuer beiwohnen und sich vollends damit verbinden. Der Rote Vater hatte sich ihm offenbart, und seinen Willen galt es auszuführen!

Es waren nicht die von Dunkelheit und Satan besessenen Musiker, die ihm diese Dinge eingeflüstert hatten. Nein, sie selbst waren nur ein Mittel zum Zweck! Ihre eigene Sucht zur Zerstörung aller Religionen und der Heiligung des glorreichen Todes hatte es Erik geradezu leicht gemacht, ohne sonderlich großen Aufwand sein Schicksal bestreiten und nun vor der großen Vollendung seines Werkes stehen zu können. All die in todesromantischem Spanisch geschriebenen Briefe des vorangegangenen Jahrhunderts, all die wilden Visionen von Ekstase und Viktoria und der unermesslich magische Schatz des Manuskriptum Rubra Genitoris hatten ihm den Weg gepflastert, dessen Ende er nun still und schweigend vor sich sah.

Von diesen glücklichen Gedanken durchdrungen griff er schnell zwei der Kanister und stellte sie innerhalb der hölzernen Kirche ab. Immer wieder rannte er mit neuem Benzin durch das hohe Tor, und jedes Mal machte es ihn etwas fröhlicher. Denn der Tod des Christentums bedeutete für ihn die Freiheit seiner Vorväter, die unter der herrschenden Hand des hohen Vaters gedient hatten und schon seit Jahrhunderten qualvoll nach den ewigen Sphären schrien, die nicht einmal die kühnsten romantischen Phantasmen auch nur im Ansatz zu beschreiben vermögen. Dieses Holzgebilde stand auf heidnischen Gräbern, und in Feuer sollte es vergehen, als eine letzte Demütigung und eine Gabe für das göttliche Rot.

Nachdem Erik sorgsam alle Kanister in jedweden nur erdenklichen Winkeln und Bereichen der Kirche verteilt hatte, schritt er anmutig vom entweihten Altar zum Tor hinunter und verbarrikadierte es mit den hölzernen Kirchenbänken, die er sorgsam und nach Form genau unter dem Torbogen platzierte. Niemand würde ihn während seiner Zeremonie stören, nicht einmal der in der Nähe lebende Priester. In weiser Voraussicht hatte Erik zwar schon die Außentür dessen bescheidenen Hauses mit zerborstenen Baumstämmen umschlossen, doch er wollte unbedingt auf der sicheren Seite sein. Schließlich war allein Perfektion gestattet, und alles andere galt es auszumerzen.

In glückseliger Erwartung stellte er sich einige Meter vor den Altar, in den Mittelpunkt des Zusammenkommens aller von ihm angelegten Benzinflüsse. Diabolisch grinsend nahm er den letzten Kanister zur Hand und übergoss sich damit selbst. Ein Teil des Feuers ... ein Teil des Ganzen ... ein Teil ... der Vollkommenheit ... rezitierte er, während er langsam und mit Bedacht das Benzin über seinen Körper verteilte. Es roch angenehm und wundervoll, wie der Duft der Glückseligkeit höchstselbst, und verlieh Erik den letzten Schliff, dessen er für seine Heiligsprechung bedurfte. Sanft wippte sein nasses, volles Haar, und glühend weiß schillerte sein Gesicht im dunklen Schein des Mondes. In vollkommener Stille hob er das Feuerzeug, positionierte es auf seinem triefenden Kopf und begann, beschwörerisch zu murmeln:

O Vater, nimm dies als den Tribut eines einfachen Mannes an,

Erkenne das Feuer in ihm, hebe ihn zu dir empor

Und ziere ihn

Mit der flammenden Krone deines Reiches

Binnen Sekunden verbreitete sich die kleine Feuerzeugflamme über Eriks ganzen Körper, den ganzen Saal und die ganze Kirche. Ein unstillbares Inferno hatte sich aus den Tiefen erhoben, und es nagte mit Flammen an seinem hölzernen Peiniger. Wie eine Horde Ratten fraßen sich die Flammen durch die Kirche, als wäre es Fleisch, und verschlangen all das helle Holz. Balken brachen schnell herab, und der Turm begann langsam in sich zusammenzufallen. Und wie aus der Ferne konnte man, wenn auch leise, die über dem höllischen Abgrund schwingende Glocke hören.

Erik indessen spürte nichts als die Berührung des Feuers, die heilige Umarmung seines hohen Vaters. Fröhlich und ekstatisch betrachtete er sein irdisches Fleisch, das sich langsam und in Streifen von seinem glühenden Körper abschälte und seine Trennung von den Fesseln der Erde einleitete. Erik versuchte zu grinsen, doch seine Lippen waren hinfort. Seine innere Freude brannte fast noch heißer als das ihn umgebende Flammenmeer, und langsam verschwamm die Umgebung um ihn herum. Allein orange schimmernde Schwaden zogen noch vor seinen Augen vorbei, bis sein verkohlter Körper von einem herabfallendem Stück Holz zu Boden gerissen und zu tief dunkler Asche zermahlen wurde.

Sein Gesicht war nicht mehr vorhanden; allein schmale Vertiefungen, die den Ausdruck eines verängstigten Tieres trugen, blieben zurück.

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Fanget av begravelsen
Pinse vi av guds godhet
Ingen flammer intet hat
De hadde rett vi kom til helvete

"Hvis Lyset Tar Oss" - Burzum

Flatinka (Diskussion)

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